Jahreswirtschaftsbericht: Robert Habeck senkt Konjunkturprognose für 2025 deutlich

Die deutsche Wirtschaft wird einer Prognose der Bundesregierung zufolge auch in diesem Jahr nicht in Schwung kommen. Wie Wirtschaftsminister Robert Habeck bei der Vorlage des Jahreswirtschaftsberichts mitteilte, erwartet die Regierung nur noch ein Mini-Wachstum von 0,3 Prozent – im Herbst hatte die Regierung noch mit einem Plus des Bruttoinlandsprodukts von 1,1 Prozent gerechnet. Im vergangenen Jahr schrumpfte die Wirtschaftsleistung von Europas größter Volkswirtschaft das zweite Jahr in Folge.In ihrem letzten Ausblick auf 2025 hatte die damalige Ampelregierung positive Effekte einer „Wachstumsinitiative“ erwartet. Geplant waren etwa bessere Abschreibungsbedingungen, um Investitionen anzureizen, staatliche Maßnahmen für niedrigere Strompreise sowie Anreize für längeres Arbeiten. Wegen des Scheiterns der Koalition aus SPD, Grünen und FDP im November aber wurden zentrale Maßnahmen der Wachstumsinitiative nicht umgesetzt.Im Jahreswirtschaftsbericht heißt es zudem, mit Blick auf die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle auf EU-Importe, außenwirtschaftliche Risiken hätten sich deutlich erhöht. Erwartet wird im laufenden Jahr ein leichter Rückgang des Exports. Auch der private Konsum in Deutschland kommt wegen Unsicherheiten nicht in Schwung.Erwartungen für 2026 ebenfalls gesenktDie Regierung sieht aber „Licht am Ende des Tunnels“ und erwartet 2026 ein stärkeres Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent. Der private Konsum dürfte im Jahresverlauf an Fahrt aufnehmen. Im Herbst hatte die Regierung für 2026 allerdings noch mit einem Plus von 1,6 Prozent gerechnet.Laut einem Bericht des „Handelsblatt“ erhöht die schlechtere Prognose den Schuldenspielraum für den Bund, weil die sogenannte Konjunkturkomponente der Schuldenbremse mehr Kredite erlaubt. Demnach steige der Haushaltsspielraum 2025 um 2,1 Milliarden Euro. Kanzler Olaf Scholz hatte das Loch im noch nicht verabschiedeten Haushalt 2025 auf 26 Milliarden Euro beziffert.Moderate Inflation, höhere ArbeitslosigkeitBei den Verbraucherpreisen erwartet die Bundesregierung eine „moderate“ Entwicklung. Zu Jahresbeginn 2025 hätte etwa der höhere Preis des Deutschlandtickets im Nahverkehr sowie eine höhere CO₂-Bepreisung beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien für eine höhere Inflationsrate im Vorjahresvergleich gesorgt. Im Jahresdurchschnitt erwartet die Bundesregierung eine Inflationsrate von 2,2 Prozent. Damit bewegt sie sich im Bereich der Zwei-Prozent-Zielmarke der Europäischen Zentralbank.Die Konjunkturschwäche macht sich zunehmend auf dem Arbeitsmarkt spürbar. Die Zahl der Firmenpleiten ist im vergangenen Jahr gestiegen. Die Bundesregierung erwartet, dass die Zahl der arbeitslosen Menschen im Jahresdurchschnitt voraussichtlich um 120.000 steigen wird. Im Jahresdurchschnitt 2024 lag die Arbeitslosenzahl bei rund 2,79 Millionen.Vor allem die Industrie steckt in der Krise fest„Die deutsche Wirtschaft befindet sich seit inzwischen zwei Jahren in einer Stagnation, was konjunkturelle, vor allem aber strukturelle Ursachen hat“, heißt es im Jahreswirtschaftsbericht. Verbände sehen den Standort Deutschland zunehmend unter Druck. Firmen halten sich mit Investitionen zurück. Genannt werden vor allem im internationalen Vergleich höhere Energiepreise und eine höhere Steuerlast, gestiegene Sozialabgaben, zu viel Bürokratie und eine teilweise marode Infrastruktur. Dazu bremst die demografische Entwicklung, also die zunehmende Alterung der Gesellschaft, in den kommenden Jahren das Wachstum wegen Engpässen bei Fachkräften.Vor allem die deutsche Industrie steckt in der Krise fest. „Die Stimmung ist miserabel“, hatte Industriepräsident Peter Leibinger am Dienstag gesagt. Der Bundesverband der Deutschen Industrie ist noch pessimistischer als die Bundesregierung und rechnet auch in diesem Jahr mit einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung von 0,1 Prozent.Pessimistisch für die deutsche Wirtschaft: BDI-Geschäftsführerin Tanja Gönner fürchtet die Auswirkungen der Zölle auf die deutsche WirtschaftBDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner sagte, für den Fall von Zöllen in den USA auf EU-Importe könnte die deutsche Wirtschaft sogar um fast 0,5 Prozent schrumpfen. Der Vorsitzende der Gewerkschaft IGBCE, Michael Vassiliadis , sagte: „Die Krise der Industrie verfestigt sich.“ Sowohl Wirtschaftsverbände als auch die Gewerkschaften forderten die nächste Regierung auf, dringend Reformen anzugehen, um die Standortbedingungen zu verbessern.Verbände rufen zu „Wirtschaftswarntag“ aufAngesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage haben am Mittwoch rund 140 Wirtschaftsverbände in mehreren Städten zu einem „Wirtschaftswarntag“ aufgerufen. Sie fordern unter anderem, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in den Mittelpunkt des aktuellen Bundestagswahlkampfs zu stellen. Zu zentralen Forderungen gehören eine geringere Steuerbelastung, gedeckelte Sozialabgaben und mehr Flexibilität im Arbeitsrecht.Bundestagswahl 2025: Warum Deutschland ein Programm gegen den Niedergang brauchtEine Kolumne von Henrik MüllerAuch Schlussquartal im Minus: Deutsche Wirtschaft 2024 erneut geschrumpftWirtschaftsthema 2024: Wer hat Angst vor der Deindustrialisierung?Eine Kolumne von Henrik MüllerPrognose für Deutschland: Wirtschaftsinstitute rechnen auch 2025 mit wenig Wachstum•Bundestagswahl 2025: Warum Deutschland ein Programm gegen den Niedergang brauchtEine Kolumne von Henrik Müller•Auch Schlussquartal im Minus: Deutsche Wirtschaft 2024 erneut geschrumpft•Wirtschaftsthema 2024: Wer hat Angst vor der Deindustrialisierung?Eine Kolumne von Henrik Müller•Prognose für Deutschland: Wirtschaftsinstitute rechnen auch 2025 mit wenig Wachstum„Dieser Wirtschaftswarntag ist der SOS-Ruf der Unternehmer an die Politik und die Wähler“, sagte die Präsidentin des Verbands der Familienunternehmer, Marie-Christine Ostermann , laut Mitteilung. Der deutschen Wirtschaft gehe es „schlecht, richtig schlecht“. Die Demonstrationsteilnehmer wollten deutlich machen, was sich an der Wirtschaftspolitik in Deutschland ändern müsse.DIW kritisiert WarntagDIW-Präsident Marcel Fratzscher übte deutliche Kritik am „Wirtschaftswarntag“. „Die Unternehmensverbände weigern sich, Verantwortung für das eigene Handeln und die eigenen Fehler zu übernehmen“, sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung . „An keiner Stelle des Aufrufs wird auf die eigene Verantwortung verwiesen und ein Umdenken angemahnt.“ Die deutsche Wirtschaft werde die Transformation nicht erfolgreich bewältigen, wenn die Unternehmen lediglich Forderungen an die Politik stellten. So sei die Misere in der Autobranche in den vergangenen 15 Jahren nicht primär durch die Politik, sondern durch Managementfehler verursacht worden. „Viele Unternehmen sind zu langsam bei der Digitalisierung, die Arbeitsproduktivität ist zu niedrig“, sagte Fratzscher.

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